Die Digitalisierung der QI - Schweiz, Österreich, Deutschland


Mehrwert der Arbeitsebene
Im Frühjahr 2025 wurden, nach längerer Vorarbeit, zwischen Vertretenden von METAS und PTB erste konkrete Ansätze zu einem ergebniszentrierten trilateralen Vergleich, einem trilateralen Austausch zum Thema QI-Digitalisierung erarbeitet. Diese basieren auf folgenden Überlegungen:
Ein internationaler, informeller Vergleich der Digitalisierung der Qualitätsinfrastruktur (QI) auf der Arbeitsebene wird niedrigschwellig die Voraussetzung dafür schaffen, die Leistungsfähigkeit, Anschlussfähigkeit und Innovationskraft einzelner Systeme im Detail zu verstehen und gezielt zu verbessern.
Gerade im D-A-CH-Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) kann ein strukturierter "mikroskopischer" Vergleich besonders gut und vergleichsweise einfach Synergien sichtbar machen, mit dem Ziel, Grundlagen für eine effektive Weiterentwicklung nationaler und internationaler Qualitätsinfrastrukturen mittels Digitalisierung zu schaffen.
Verständnis und Transparenz schaffen
Die Qualitätsinfrastruktur ist ein komplexes System aus fünf Bestandteilen: Metrologie, Normung, Akkreditierung, Konformitätsbewertung und Marktüberwachung. Ihre Digitalisierung tangiert bzw. verändert rechtliche, technische, organisatorische, ökonomische, gesellschaftliche und politische Komponenten. Ein Vergleich kann zeigen, welchen Stand die beteiligten Länder jeweils bei Datensouveränität, Schnittstellen, digitalen Zertifikaten oder KI-Anwendungen erreicht haben, und wo regulatorische oder institutionelle Barrieren bestehen. Dadurch entsteht Transparenz, was funktionierende oder dysfunktionale Digitalstrategien angeht.
Wissenstransfer und Innovation beschleunigen
Ein systematischer Vergleich ermöglicht, den trilateralen Transfer zu initiieren, um voneinander zu lernen: erfolgreiche Pilotprojekte, etwa zum digitalen Kalibrierzertifikat (DCC), zu SMARTStandards, zur KI im Bereich der Medizin, zur Additiven Fertigung, zur Wasserstoff-Technologie, oder zu Begleitmaßnahmen wie Projekten innerhalb der politischen Kommunikation können gegenseitig evaluiert und angepasst werden.
Gerade die politische Kommunikation ist von zentraler Bedeutung, um auf Seiten der Legislative und der Exekutive die entsprechende Kenntnislage bzw. das Verständnis für die QI generell und deren Digitalisierung im Speziellen herzustellen und zu verstetigen, um auf diesem Wege die notwendige Unterstützung für den QI-Digitalisierungsprozess aus der Politik zu bekommen.
Insgesamt werden so kollektive Lernprozesse beschleunigt, was zu einer Verkürzung der "time-to-market", und damit einer effektiveren Nutzung gemeinsamer Ressourcen führt. Digitale Kooperationen zwischen nationalen QI-Organisationen schaffen zudem Wettbewerbsvorteile, weil Innovationen schneller in den Markt gelangen. Das gilt aber genauso auf der negativen Seite: gegenseitige Information über Fehlschläge oder gescheiterte Projekte helfen allen, nicht zielführenden Aufwand zu vermeiden, und sich auf erfolgversprechende Ansätze zu konzentrieren.
Effizienz, Vertrauen und internationale Anschlussfähigkeit herstellen
Eine international abgestimmte Digitalisierungsstrategie sichert Vertrauenswürdigkeit und Datenintegrität über Grenzen hinweg – unabdingbare Voraussetzungen für Handel und nachhaltige Wertschöpfungsketten. Wenn Nachweise, Prüfungen und Akkreditierungen digital vergleichbar und interoperabel gestaltet werden, lassen sich Bürokratiekosten senken und die Exportfähigkeit von Produkten und Dienstleistungen steigern. Damit stärkt eine parallel gedachte Digitalisierung der QI auch die Standortattraktivität von grenzüberschreitenden Wirtschaftsräumen und erzeugt Effizienzgewinne für die staatliche Verwaltung ebenso wie für die Wirtschaft.
Strategischen Nutzen und Zukunftsfähigkeit darlegen
Schließlich liefert ein solcher Vergleich eine faktenbasierte Grundlage für politische und technische Entscheidungsprozesse. Er schafft damit die Voraussetzungen, um nationale Systeme weiterzuentwickeln, um den rechtlichen Rahmen zu modifizieren, und um Prioritäten im gemeinsamen Handeln – etwa im europäischen Kontext – zu identifizieren. Ein D-A-CH-Vergleich ist somit nicht nur Analysewerkzeug, sondern auch Hebel zur Stärkung der Innovations-, Klima- und Wettbewerbsziele im europäischen Binnenmarkt.
Warum DACH?
Der informelle Informationsaustausch mit dem Ziel, den Status der Digitalisierung der Qualitätsinfrastruktur in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland auf der Arbeitsebene zu vergleichen, ist ein sinnvoller Ausgangspunkt, bevor zu einem späteren Zeitpunkt großflächige Regionen wie Europa oder globale Märkte in den Blick genommen werden. Alle drei Länder verfügen über historisch gewachsene, hochentwickelte Qualitätsinfrastruktur-Systeme, die auf gemeinsamen Prinzipien wie Vertrauen, Nachweisbarkeit und internationaler Normung beruhen.
Deutschland hat mit der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) geförderten Initiative QI-Digital seit 2020 ein europaweit anerkanntes Vorreiterprojekt geschaffen: Akteure wie PTB, BAM, DAkkS, DIN und DKE entwickeln gemeinsam digitale Werkzeuge, um Prozesse der Metrologie, Normung, Akkreditierung, Konformitätsbewertung und Marktüberwachung zu digitalisieren und zu vernetzen. Österreich und die Schweiz verfolgen ähnliche Ansätze im Zusammenspiel ihrer Mess-, Akkreditierungs- und Normungsinstitutionen, jedoch mit eigenen länderspezifischen regulatorischen Strukturen. Das macht einen trinationalen Vergleich besonders leistungsfähig: Er erlaubt, nationale Pilotlösungen auf gemeinsame Standards, Datenräume und Schnittstellen abzustimmen, bevor komplexere multilaterale Strukturen analysiert werden.
Ein informeller DACH-Vergleich (Deutschland, Austria, Confoederatio Helvetica = DACH) bietet zudem ideale Rahmenbedingungen, um funktionierende Governance- und Datenmodelle zu erproben. Die institutionellen und technologischen Kulturen sind kompatibel, die rechtlichen Grundlagen vergleichbar, und die Märkte eng verflochten. Damit lassen sich Interoperabilität, digitale Nachweise (etwa über digitale Kalibrierzertifikate / DCCs u.w.), integrative und skalierbare IT-Architekturen sowie Anwendungen vertrauenswürdiger KI im Prüf- und Messwesen praxisnah evaluieren, bevor sie auf europäische oder globale Maßstäbe übertragen werden.
Ist die wechselseitige Anschlussfähigkeit unter ähnlichen Systemen hergestellt, kann eine Skalierung in größere Regionen sinnvoll sein. Die Erkenntnisse aus dem D-A-CH-Raum können dann als erprobte Modelle in internationale Plattformen wie GAIA-X einfließen. Die Zusammenarbeit mit weiteren transnationalen Akteuren wie dem European Quality Infrastructure Network (EQIN), dem Globalprojekt Quality Infrastructure (GPQI) sowie verschiedenen Stakeholdern innerhalb der UN wie UNIDO, UNECE und UNCTAD, werden weitere Erkenntnisse liefern. Somit leistet der Dreiländervergleich einen entscheidenden Beitrag, um die Digitalisierung der Qualitätsinfrastruktur systematisch, interoperabel und vertrauenswürdig auszugestalten – und stärkt zugleich die Innovationskraft und wirtschaftliche Resilienz Europas.
Mittelfristig können auch weitere Länder und Regionen innerhalb und außerhalb Europas in den informellen Länderaustausch einbezogen werden. Denn am Ende bleibt die Digitalisierung der QI eine globale Aufgabe, die alle Weltregionen umfassen und zusammenbringen wird, und eher im Zeitraum von Jahrzehnten zu denken ist.
Aktivitäten:
03.09.2025 - Erstes Treffen im kleinen Kreis, um auszuloten, wie die Interessenlage in den drei Ländern ist: Positives Feedback.
09.10.2025 - Zweites Treffen im erweiterten Kreis mit Vertretenden der QI-Institutionen aus den drei Ländern: Beschluss der Verstetigung
Q1 / 2026 - Geplant: Drittes Treffen mit konkreten Arbeitsfeldern und der Diskussion möglicher gemeinsamer Pilotprojekte
Vertretende folgender Institutionen sind informell beteiligt:
METAS - Eidgenössisches Institut für Metrologie
SNV - Schweizerische Normen-Vereinigung
SAS - Schweizerische Akkreditierungsstelle
Electrosuisse - Verband für Elektro-, Energie- und Informationstechnik
BEV - Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen
Austrian Standards - Österreichische Organisation für Standardisierung und Innovation
OVE - Österreichischer Verband für Elektrotechnik
Akkreditierung Austria - Österreichische Akkreditierungsstelle
PTB - Physikalisch-Technische Bundesanstalt - Nationales Metrologie-Institut Deutschlands
DIN - Deutsches Institut für Normung e.V.
DKE - Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik
DAkkS - Deutsche Akkreditierungsstelle
BAM - Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung
Koordinierung: PTB
Kontakt: info (at) qi-digital.de